Violeta Mikić

Pausenbrief 10 | 2023

»Grundformen non-verbaler Kommunikation« IX : Drei Phasen der Präsentation (Teil 2)

Liebe Leser*innen,

aus Feriengründen kommt der heutige Pausenbrief später als gewohnt, dafür umso rascher zurück zum Thema: 3 Phasen der Präsentation. Im September ging es um Phase #1: Sind Sie in die Selbstbeobachtung gegangen? War es nicht leichter, die nächste Präsentation zu gestalten, nachdem Sie Ihre emotionalen Ziele einzeln abgesteckt haben? Das ist das Fundament. Kommen wir zu Phase #2. Dafür stellen Sie sich bitte vor, Ihre Präsentation inhaltlich in Scheiben oder Stücke zu schneiden oder aber Sie imaginieren einzelne innere Orte, die Sie mit ihr ansteuern wollen. Buchstäblich: Wo stehen Sie am Beginn und wohin wollen Sie damit hin?


Eine Präsentation kann mit einem Bühnengang verglichen werden. Professionelle Schauspieler*innen lernen früh, eine Bühne mit Markierungen zu sehen. Das sind Kulminationspunkte des Plots, ein Dialog zum Beispiel. Oft gibt es in der Theaterpraxis dafür wirklich Klebe- oder Kreidemarker am Boden, die entfernt werden, sobald die Markierungen für die Akteure innere Richtlinie geworden sind. Probieren Sie es genau so aus:


Jeder Vortrag enthält inhaltlich unterscheidbare Segmente. Der Beginn jedes dieser Segmente bekommt einen emotionalen Marker von Ihnen – Mut, Gemeinschaftssinn, Kritik, Nachdenklichkeit, Intensität, Kraft, Sorge, Vergnügen, Ausdauer... ... Verteilen Sie Farben oder Formen! Was immer Ihnen spontan in den Sinn schießt, ist das Richtige, um die Setzung zu erreichen! Es geht darum, dass Sie sich Ihre Marker merken können auch mit Lampenfieber und bei Zwischenfragen. Aus rhetorischen Gründen sollte natürlich nicht jeder Marker in Nachbarschaft des nächsten liegen. Manchmal muss man inhaltlich einen Ausfallschritt machen, manche Punkte bewusst überspringen, um umso wirkungsvoller darauf zurückzukommen. Memorieren Sie in diesem Sinn sämtliche Marker mit Sprüngen, Zickzacklinien, Steilkurven und gespielten Umwegen, die Sie für die emotionale Gesamtdramaturgie Ihrer Präsentation einsetzen möchten. Und dann ---


marschieren Sie los! Sie schreiten nun einfach die innere Bühne dieser Marker ab, die Sie sich als Gerüst geschaffen haben. Sie werden schon beim ersten Halt merken: An der Markierung entsteht positive Spannung, Gelassenheit. Eigentlich müssen Sie bloß noch Proviantpakete aufmachen, die Sie sich selbst gepackt haben und Ihr Publikum damit verköstigen. Der Bühnengang ist der Verlauf Ihrer inhaltlichen Ziele in emotionaler Gestalt.


Vor ein paar Wochen las ich einen Beitrag zu den Spaziergangswissenschaften. Dahinter verbirgt sich eine aus dem Urbanismus entwickelte Methode der Umweltwahrnehmung, und ich finde neben der Disziplin an sich den Namen so wunderbar, richten wir unsere Präsentationen nach diesem Modell ein: Es soll systematisch erarbeiteter und durch Analysen geformter Wissensstoff weitergegeben werden. Aber bitte nicht als Tour de force, sondern als gentle walk!


Ihre Violeta Mikic.