Violeta Mikić

Pausenbrief 07 | 2018

Optimist oder Pessimist
Warum sich beide Postionen ideal ergänzen

Liebe Leser,

es war die schönste Nachricht des Sommers. Nach 17 bangen Tagen gelang die Bergung zwölf thailändischer Jungen samt ihrem Fußballtrainer aus einer überfluteten Höhle. Die ganze Welt zollt dem unerschütterlichen Optimismus Respekt, den die Truppe inklusive ihrer Retter an den Tag legte – und der sie alle in scheinbar auswegloser Situation zum Durchhalten bewegte. Zuversicht kann also überlebenswichtig sein. Manchmal aber braucht es auch eine gute Portion Skepsis oder sogar Pessimismus, um ein Ziel zu erreichen. Wie das gemeint ist? Das erfahren Sie hier. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause! 

 

Optimisten haben es leichter im Leben: Sie erfreuen sich sozialer Beliebtheit, können Stress besser bewältigen und leiden seltener unter Depressionen als notorische Schwarzseher. Kein Wunder, dass allerorten »Think positive« gepredigt wird – ein gesellschaftliches Phänomen, das mittlerweile so manche kritische Stimme auf den Plan ruft. Wer das Leben zwanghaft durch die »rosarote Brille« betrachte, verleugne die Realität, heißt es. Zu Recht. Aber in der Lehre des Positivismus geht es weniger um den schönen Schein als vielmehr darum, bewusst positive emotionale Erfahrungen zu sammeln. Also Momente der Dankbarkeit und Freude intensiv wahrzunehmen. Eine durchaus praktikable Übung etwa ist es, sich abends rückblickend zu vergegenwärtigen, was man tagsüber Gutes geleistet hat. Etwa jemandem eine Freude gemacht, ihn zum Lächeln gebracht zu haben. Selbst eingefleischte Pessimisten lernen so, ihre sonst übersehenen Fähigkeiten stärker zu würdigen. Gut fürs Selbstwertgefühl. Und ein wichtiger Schritt auf dem Weg, kommende Schwierigkeiten besser zu meistern.  

 

Das Ganze hat also mit Schönreden oder gar Selbstoptimierungswahn herzlich wenig zu tun. Ein guter Therapeut weiß, dass der Zwang zum positiven Denken Menschen mit einer negativen Grundhaltung eher überfordert und frustriert. Und blinder Optimismus sogar die Gesundheit gefährden kann. Wer ohne Helm Motorrad fährt, unterliegt der Illusion, unverwundbar zu sein. Der US-Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman rät Managern in seinen Büchern zu »situativem Pessimismus«: Viele Chefs überschätzen ihr Können und verkennen Risiken; Firmengründer scheitern häufig daran, dass sie zu hohe Erfolgserwartungen haben. 

 

An dieser Stelle kommen die Qualitäten der Pessimisten zum Zuge. Ein Unternehmen braucht den skeptischen, prüfenden Blick, der auf Fehlentwicklungen hinweist. Nach dem Motto »Der Optimist erfindet das Flugzeug, der Pessimist den Fallschirm« setzen Führungskräfte heutzutage zunehmend auf »gemischte« Teams, in denen jeder Mitarbeiter seinen Neigungen entsprechend agieren kann und soll. Gemeinsam ist man eben stärker.  

 

Eine optimistische Haltung bedeutet also weder die Realität noch sich selbst zu verbiegen. Sie steht vielmehr für aktive Veränderungen, wo sie notwendig sind – und das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit. So wie Aesops Fabel von den beiden Fröschen, die in ein Milchfass fielen und nicht mehr herausklettern konnten. Der eine ließ sich resigniert auf den Grund sinken und ertrank, der andere strampelte um sein Leben. Nach einer Weile entwickelten sich durch die ständige Bewegung feste Butterklumpen. Die gaben dem Frosch ausreichend Halt, um beherzt aus der Tonne herauszuspringen.  

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen stets festen Grund unter den Füßen:  

 

Ihre Violeta Mikić

 

 

 

 

 

Dieser Newsletter erscheint regelmäßig zu aktuellen Themen rund um die Körpersprache und kann abonniert werden. Bitte senden Sie eine Mail an: kontakt@violeta-mikic.de