Violeta Mikić

Pausenbrief 08 | 2023

Die heilige Paraverbala von Mount Communicatl

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

für viele ist schon Urlaubszeit, die Erfahrung, in Gegenden unterwegs zu sein, deren Sprache man nicht beherrscht, kehrt wieder. Lassen Sie mich heute vom Land der Kommunikation erzählen und drei Göttinnen, die dort als Schutzheilige gelten:

Stellen Sie sich einfach einmal vor, Sie haben einen Flug in die Hauptstadt namens Mount Communicatl gebucht. Kein Übergepäck, nette Sitznachbarn im Flieger, sogar die Landung am Zielort, der von oben steinig aussieht, ist sanft. Sie erreichen den Zoll, auch hier winkt man Sie durch. Doch danach kommt Ihnen schlagartig alles Spanisch vor. Mehr noch, Sie ertrinken in Kauderwelscho, kein Wort mehr, das passt, nicht die kleinste Geste ist Ihnen bekannt vor, und von Verständigung mit Füßen nicht die Spur. Was tun?!?

Plötzlich sehen Sie eine Kapelle. Wild, bunt, in den Berg gehauen. Da sind Sie fasziniert. Allzumal Sie im Innern drei lächelnde Statuen vorfinden, eine jede in ihrer Felsengrotte, verbunden durch kleine, aber herrlich duftende Girlanden. Richtig, das sind die drei Heiligen des Landes der Kommunikation. Mein Tipp: Opferlichtchen spenden!

Die erste Göttin heißt Verbala. Sie ist groß, sehr schön, breitschultrig und trägt eine Krone aus Vokabeln. Alles funkelt. Aus Verbalas Mund fließen Geschichten, unentwegt werden Sie süße Rede vernehmen – Sprachnachrichten, Märchen, Witze, Infotainment, Essays, Sätze voller Sinn und Verstand, vielleicht etwas tradierte Grammatik, aber Sie fühlen sich hier sofort zuhause. Sie verstehen die zentrale Botschaft. Die Gabe der Schutzheiligen der verbalen Kommunikation besteht aus Wörtern.

Die zweite Göttin ist die Hl. Nonverbala. Sie ist stumm. Dafür bewegt sie sich auf hinreißende Art. Hier vernehmen Sie unentwegt süßen Ausdruck – Mimik, Gestik, Lidschläge, Lippenbewegung, Hüftschwung, verlockende Botschaften ganz ohne A-Z. Die Gabe der Schutzheiligen der non-verbalen Kommunikation besteht aus Körpersprache.

Nun kommen Sie zur dritten Nische. Die Hl. Paraverbala ist im Vergleich mit ihren Schwestern zerbrechlich, sie wirkt durchsichtig. Auf Anhieb sieht man tatsächlich wenig von ihr und hört fast nichts. Und doch ist da ein besonderer Reiz, Sie können nicht weg von ihr. Kein Wunder, die Paraverbala hat Sie längst umgarnt mit regenbogenfarbenen Spinnfäden, die zu leuchten beginnen, sobald die verbale und non-verbalen Sprache den kommunikativen Grund bereitet haben. Paraverbala 'spricht' ohne zu sprechen durch Rhythmus, Tongebung, sie reguliert Laute wie Lautstärken, erfindet Räuspern, Hüsteln, Knödeln und Grimassen in der Stimme. Die Gabe der Schutzheiligen der paraverbalen Kommunikation besteht buchstäblich aus dem Zünglein an der Waage, könnte man sagen – jenem Segment in der menschlichen Kommunikation, dass sich ohne Wörter und Ausdruck nicht mitteilt, zusammen mit diesen beiden aber erst echte Verständigung schafft.

Verstehen Sie? Das Kauderwelscho aus Mount Communicatl löst sich in Sinn auf, sobald wir begreifen, dass Kommunikation, wenn sie denn gelingen soll, immer ein Dreiklang ist. Und wer mit diesem Dreiklangswissen reist, wird sich überall auf der Welt verständigen können,

 

hochheilig versprochen!

Ihre Violeta Mikić


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