Pausenbrief 04 | 2018
Nur Geduld! Wer wird denn gleich in die Luft gehen?
Wer über langen Atem verfügt, sitzt am längeren Hebel
Liebe Leser,
so manch einem sind die letzten Wochen des Winters arg lang geworden, bis sich nun endlich der Frühling in seiner vollen Pracht entfaltet. Studien zufolge sind zwei Dritteln aller Deutschen sogar schon ein paar Minuten zu viel, wenn sie an der Kasse stehen oder der PC streikt. Ja, Geduld ist eine rare Eigenschaft, ähnlich flüchtig wie das Glück. Wo kommt sie her, wie übt man sich darin? Die folgenden Zeilen geben darüber Aufschluss. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause!
Wir stellen uns eine zähe Vertragsverhandlung vor. Auf dem Stuhl herumrutschen, Fingertrommeln oder Fußklopfen – untrügliche nonverbale Signale der Ungeduld –, das können Sie sich noch gerade so verkneifen. Aber innerlich tobt ein Gewitter. Die belanglosen Ausführungen Ihres Geschäftspartners wollen kein Ende nehmen, wann kommt er auf den Punkt? Jetzt heißt es, Ruhe bewahren. Sammeln Sie sich, statt den Gegenüber unbeherrscht zu unterbrechen. Paradoxerweise lässt sich durch Abwarten sogar Zeit gewinnen: In einem Zustand der Besonnenheit finden sich eher die rechten Worte sowie der passende Moment, um das Gespräch erfolgreich und nachhaltig in die gewünschte Bahn zu lenken.
Genau wie im germanischen Urbegriff »gathuldis« steckt im lateinischen »patienta« (engl. patience) wie auch im deutschen »Patienten« das Erdulden, Ertragen und Erleiden. Nichts Angenehmes also, zumal es eine passive Haltung beschreibt. Die will nun so gar nicht in das Wertesystem unserer Leistungsgesellschaft passen und provoziert zunächst Abwehr. Überwindet man diesen ersten Abwehrimpuls, stößt man jedoch auf äußerst produktive Qualitäten. Geduld ist eine erfolgswirksame Rezeptur aus Willenskraft, Ausdauer, Selbstkontrolle und Frustrationstoleranz. Sie verleiht emotionale Stabilität und das Vermögen, besser mit Rückschlägen umzugehen.
Nicht umsonst heißt es, man müsse sich in Geduld »üben«; sie lässt sich sehr wohl trainieren. Wohlgemerkt: Das heißt nicht, sich (und schon gar nicht andere) zur Gelassenheit zu ermahnen. Der »Bleib doch mal locker!«-Ansatz ist, wie man etwa im klassischen Ehestreit gut beobachten kann, stets kontraproduktiv. Besser ist beraten, wer die eigene Ungeduld zunächst zulässt, aber immer wieder bewusst wahrnimmt und sie in kleinen Schritten zu zügeln, also zu kontrollieren beginnt. Lohn der Mühen ist letztlich die Fähigkeit, Situationen souverän auszuhalten, die zwar unmittelbar freudlos erscheinen, aber wichtig sind, um gesteckte Ziele zu erreichen.
Diese Disziplin mag schwerfallen in einer Zeit der Sofortkultur, in der alles Erdenkliche scheinbar ohne größere Anstrengung zu haben ist. Ein Mausklick, und der neue Fernseher wird am nächsten Tag geliefert. Oder die Pizza in weniger als einer Stunde. Doch wer je versucht, eine Fremdsprache zu lernen oder ein Musikinstrument zu spielen, weiß: Langfristige Ziele erfordern Geduld und Beharrlichkeit. Umso nachhaltiger sind am Ende die errungenen Erfolge. Das gilt auch für die oben beschriebene Vertragsverhandlung. Oder den Finanzmarkt. Investment-Guru Warren Buffet hat seine Mitarbeiter auf die sogenannte Low-Frequence-Strategie eingeschworen. Nicht das hektische Tagesgeschäft zählt, sondern die Kunst des klugen Abwartens. An der Börse punkten auf Dauer immer wieder diejenigen, die Durchhaltevermögen und langen Atem beweisen.
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass Ungeduld ebenfalls eine durchaus konstruktive menschliche Eigenschaft sein kann. Sie motiviert uns zu Veränderungen, etwa den längst fälligen Jobwechsel, einen Umzug oder die Realisierung eines langgehegten Traums. Auch hierbei gilt es, nichts zu überstürzen und das rechte Timing zu finden. Und um die Früchte solcher großen Entscheidungen zu ernten, braucht es dann wiederum reichlich Ausdauer!
Diese wünscht Ihnen von Herzen:
Ihre Violeta Mikić.
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