Violeta Mikić

Pausenbrief 07 | 2016

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Ein Rückblick der anderen Art auf die Fußball-Europameisterschaft

Liebe Leser,

seit vielen Wochen wird die alte Dame Europa von schweren politischen Krisen und neuerlichen Terroranschlägen erschüttert, eine tragische Nachricht jagt die nächste. Demgegenüber bot die Fußball-EM Millionen von Zuschauern eine willkommene Ablenkung. Auch ich habe das Turnier mit einigem Vergnügen angeschaut. Welche Erkenntnisse sich aus dem Blickwinkel der Körpersprache ergeben, erfahren Sie hier. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause!  

 

In einem Interview mit dem Handelsblatt gönnte ich mir jüngst den Vergleich zwischen Kickern auf dem Spielfeld und manchen Managern beim Business-Auftritt. Typisch für beide Spezies ist die Feigenblattstellung, die wir vom Freistoß kennen. Steif stehen die Herren da, ihr Gemächt mit den Händen bedeckend. Sieht komisch aus, ist aber auf dem Rasen durchaus praktikabel. Denn so schützen die Spieler empfindliche Körperpartien vor harten Schüssen und mindern das Risiko des unbeabsichtigten Handspiels, das dem Gegner den gefürchteten Elfmeter bescheren kann. Was aber hat diese Pose im Konferenzraum zu suchen? Herzlich wenig! Sie suggeriert innere Anspannung, also das ganze Gegenteil von Souveränität.  

 

Live übertragen in alle Herren Länder, glich die EM einer gigantischen Bühne. Gnadenlos zoomten Kameras auf erregte Mienen und fingen herrliche Nahaufnahmen entgleister Gesichtszüge ein – beim Bangen um den Sieg, beim Unmut über ein Foul oder der unbändigen Freude über den Torerfolg. Peinlich? Wohl kaum. Über die bizarren Bilder freut sich der Dritte: das Publikum. Denn hier sind (abgesehen von »Schwalben«) unverfälschte Gefühlsregungen am Start, von gestandenen Kerlen, die uns gleichermaßen unterhalten wie als Persönlichkeiten überzeugen. Italiens vorlauter Torhüter Buffon, Portugals eitler Torjäger Ronaldo oder auch der lässige Keeper Manuel Neuer sind echte Charaktere. Gut, dass sie ihren nicht immer perfekt kontrollierten Gefühlen auch vor laufenden Kameras Ausdruck geben. Sonst wäre die EM wohl auch nur halb so schön gewesen.  

 

Die heimlichen Gewinner des Turniers waren für mich die Isländer. Die selbst nach dem Ausscheiden ihres Teams unverdrossen singenden Fans eroberten die Herzen ganz Europas. Lohn der Mühen? Der Tourismus des Landes boomt. Mein Fazit: Für nachhaltige Erfolge zählt der überzeugende Auftritt mehr als jedes Torverhältnis!  

 

Nichtsdestotrotz: Parabéns à Portugal,  

 

Violeta Mikic gratuliert von Herzen.