Violeta Mikić

Pausenbrief 03 | 2018

Guten Morgen, liebe Sorgen!
Zweifel, Skepsis und Ängste als kreativer Motor? Das geht!

Liebe Leser,

»ein jeder hat sein Päckchen zu tragen!« Was wie eine Dienstanweisung an Postboten klingt, meint im Volksmund die Last all der großen und kleinen Sorgen, die wir Menschen ständig mit uns herumschleppen. Bloß ein leidiger Störfaktor, der unseren Tatendrang bremst? Psychologen sehen das optimistischer. Sie schreiben diesen ungeliebten »Päckchen« durchaus schöpferische Potenziale zu. Welche Chancen sich daraus auch und gerade im Business-Alltag ergeben, das erfahren Sie hier. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause!  

 

Sorgen sind eine wahre Plage. Sie aktivieren das Stresshormon Cortisol, zehren emotionale Energie. Also lieber gar nicht erst zulassen? Mitnichten. Ängste lassen sich nur kurzfristig unterdrücken. Je stärker sie verdrängt werden, desto tiefer fressen sie sich ins Unterbewusste. Und der Versuch, die Sorgenfalten hinter fröhlicher Miene zu verbergen, wird in der Regel ad hoc von intuitiven körpersprachlichen Signalen Lügen gestraft. Wer hingegen seine Befürchtungen unverblümt nach außen trägt, gilt schnell als Panikmacher. So weit, so ungut. 

 

Jetzt die gute Nachricht: Meine Erfahrungen als Coach zeigen, dass die sprichwörtliche Unke einen weitaus besseren Ruf verdient als gemeinhin angenommen. Denn hinter einer Sorge, etwa um Teamkollegen oder die allgemeine Unternehmenslage, stehen Empathie, Achtsamkeit und oftmals bereits konstruktive Handlungsempfehlungen. Es gilt allenfalls, die Besorgnisse plausibel zu kommunizieren und die rechten Schlüsse daraus zu ziehen. Etwa sich im Gruppen-Brainstorming »Was wäre wenn«-Szenarien auszumalen, um gegen eventuelle Krisen besser gewappnet zu sein. Spannend ist das allemal. Und im Fall des Falles ist der »Panikmacher« gegenüber dem Unbekümmerten strategisch klar im Vorteil, denn er hat meist schon gedanklich einen Plan B skizziert.  

 

Keine Frage: Draufgänger wirken auf den ersten Blick cooler. Um wie viel ärmer wäre unsere Welt wohl ohne unerschrockene Abenteurer wie Alexander von Humboldt & Co.! Dafür können besorgte Gemüter laut einer Studie der University of California Probleme (insbesondere beruflicher Art) letztlich strukturierter und proaktiver angehen als der Durchschnitt sowie auf spontane Stresssituationen gefasster reagieren. Die Autoren Kate Sweeney und Michael Dooley raten deshalb, »in die Zukunft gerichtete aversive Emotionen« nicht abzulehnen, sondern willkommen zu heißen. Wer Angst hat, bei einer Präsentation zu versagen, wird sich gründlicher darauf vorbereiten; wer gesundheitliche Risiken fürchtet, geht frühzeitig zum Arzt. Erst wenn die Sorgen langfristig in eine Denkspirale bis hin zur Handlungsunfähigkeit münden, ist professionelle Hilfe angesagt. Ansonsten gilt: Gesunde Besorgnis führt zur aktiven Vorsorge. Sich zu sorgen, ist kein Teufelskreis. Es ist der Königsweg. 

 

Alsdann sollten wir also nicht nur den Gipfelstürmern, sondern auch den Besorgten unter uns Respekt zollen. Und gleichermaßen vertrauensvoll auf die eigenen inneren Warnrufe hören. Das Gewicht auf den Schultern hat uns etwas mitzuteilen, es steckt voller nutzwertiger, zuweilen überlebenswichtiger Informationen.  

 

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum der Schriftsteller und Berufspessimist Wilhelm Raabe (Pseudonym Jakob Corvinus, 1831 – 1910) zu der unorthodoxen Erkenntnis gelang, dass »die Sorge mit das Beste in und an der Welt« sei. Er hinterließ uns den zeitlosen Rat: »Sieh auf zu den Sternen! Gib Acht auf die Gasse!« Mit diesem universellen Weitblick dürften zumindest auch Helden wie Humboldt gut gefahren sein. Tröstlich außerdem: Kein Mensch ist sorgenfrei, und niemand würde sein persönliches »Päckchen« mit dem eines anderen tauschen wollen. Niemand weiß besser, wo ihn der Schuh drückt, als derjenige, der ihn trägt.  

 

Ich wünsche Ihnen allen schöne, möglichst sorglose und entspannte Osterfeiertage:  

 

Ihre Violeta Mikić

 

 

 

 

 

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