Violeta Mikić

Pausenbrief 11 | 2023

Kribbeln im Bauch oder kalte Füße?

Liebe Leser*innen,

kommen wir heute zum Abschluss des Themas Präsentation. Im Pausenbrief vom September ging es um die bewusste Beobachtung der Emotionen – Ihre Selbstbeobachtung ist der Subtext unter jedem Inhalt, den Sie präsentieren. Im Oktober hatten wir die Technik des Bühnengangs beleuchtet. Mit der Vorstellung, dass die Präsentation ein Parcours ist, gelingt es, Themen und Topoi kognitiv so zu besetzen, dass diese Etappe für Etappe durchwandert werden können. Die Präsentation lässt sich gut mit einem Spaziergang vergleichen. Und dann –


stolpern Sie doch! Black Out. Und nichts geht mehr. Grund genug, sich im 3. Teil mit dem Thema Lampenfieber zu beschäftigen. Ich könnte gleich den Halbsatz anfügen: und wie Sie es sich vom Leib halten. Aber genau das wäre schon die falsche Richtung.


Lampenfieber zu stornieren, ist nicht möglich. Das kann man nicht zurückgeben wie einen falschen Einkauf. Ja, einige haben es nicht. Doch die meisten eben schon, und ich möchte sogar behaupten, dass Menschen, die keine Auftrittsangst kennen, eigentlich zu bedauern sind. Es entgeht ihnen eine ganz bestimmte Köstlichkeit, die man sicher noch nicht fühlen kann, wenn die Aufregung da ist. Umso mehr danach. Menschen ohne Lampenfieber spüren sehr viel weniger Erfüllung, wenn der Job getan ist. Nur Menschen mit Lampenfieber kennen jene Form seelischen Gelöstseins, wenn alles rund lief. Lampenfieberer schauen gern zurück, sie reflektieren mehr, was war, einfach um die Erleichterung weiter spüren zu können, und allein dafür ist Lampenfieber goldwert. Über einen Umweg schafft es die Fähigkeit zu bilanzieren.


Okay, 30 sek. vor dem Auftritt hilft das doch wieder nicht zu wissen, dass 30 sek. danach super sind. Deshalb liste ich Ihnen hier Kernsätze für den inneren Spickzettel auf. Es sind Kernsätze zur Bewältigung der Urangst vor dem Versagen, die hinter jeder Auftrittsangst steht:


  • Lampenfieber lieben! – Wer sein Lampenfieber liebt, zeigt der Versagensangst ein lächelndes Gesicht.
     
  • Notfallplan für Black Outs haben! – Für Stromausfälle haben Bühnentechniker*innen Notaggregate auf der Hinterbühne. Für unseren Fall wäre das z.B. ein Witz, eine Frage ins Publikum, ein Eingeständnis (frappierend!), eine Kunstpause. Haben Sie immer etwas in der Hinterhand.
     
  • Atemübungen machen! – Es hilft wirklich: Einatmen, Ausatmen. Dabei vor allem die Phase des Einatmens kurz, die Phase des Ausatmens stetig länger halten. Stimme, Sprechen und Gesang liegen auf dem Ausatmen.
     
  • Powerpose visualisieren! – Lampenfieber entsteht aus schlechter Prognose. Es ist im Grunde die entfesselte Not, die auftaucht, sobald wirklich etwas schiefgegangen ist, nur eben vorgezogen und deshalb so unpassend. Wir müssen insofern den Notknopf ab- und den Erfolgsknopf anschalten. Bing!
     

 

Gute Zeit,

Ihre Violeta Mikić