Violeta Mikić

Frühstücksfragen  05 | 2020

Dankeschön

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

"Welches war Ihre Lieblingsfrage?" – Vielleicht haben Sie mitgezählt, vielleicht haben Sie es an der Atmosphäre meiner Frühstücksfrage vom letzten Samstag auch schon gespürt oder Sie haben deren Vergangenheitsform einfach grammatikalisch korrekt gedeutet: 6 Wochen à 6 Tage mit je einer Frage an Sie sind um! Schwer zu sagen, ob diese Zeit schnell oder langsam vergangen ist. Ich würde sagen beides. Was aber vor allem als Experiment gedacht war, um uns allen aus der Schockstarre der ersten Coronatage herauszuhelfen, ist über die Zeit hinaus zu einem so wunderbaren, lebendigen und für mich persönlich auch so berührenden Kontaktforum geworden, dass ich den an dieser Stelle heute üblichen Pausenbrief kurzerhand durch einen kleinen Abschlussbericht zum Projekt Frühstücksfragen an Sie ersetzen möchte:


Kein Werktag der letzten 6 Wochen ist vergangen, an dem ich nicht Reaktionen von Ihnen zugeschickt bekommen hätte! Und was für welche! Wie vielfältig, wie kreativ Sie geschrieben haben, mitunter melancholisch, tastend, und dann doch wieder kraftvoll und mutmachend! Manches Teamgespräch, sogar einmal eine Redaktionssitzung sei durch eine Diskussion eröffnet worden, die sich aus einer Frühstücksfrage ergeben hatte.


Stellen Sie sich also vor, während Ihre Wochen von Fragen bestimmt waren, meine wurden von Antworten begleitet. Dafür möchte ich mich bei Ihnen allen vielmals bedanken. Denn das ist keine Selbstverständlichkeit. Sie haben sich auf ein Projekt eingelassen, das jeden Tag wieder mit offenem Schluss operiert hat. Sprich mit einer Zumutung, die nicht einmal nur spielerisch war. Freilich geschah dies meinerseits in der Überzeugung, dass Offenheit nicht allein Gefahren birgt, sondern genauso Sicherheiten bietet. Nur eben auf einer nächsten Ebene, die man paradoxerweise bloß erreicht, wenn man den Weg dorthin nicht kennt.


Der Facettenreichtum Ihrer Antworten etwa auf meine Frage vom 25. April spricht in diesem Sinn für sich selbst – "Was wäre das Gegenteil von Unsicherheit?": "Vertrauen", "Gewissheit", "Perspektive", "Mangel an Gestaltungsspielraum", "Glaube an mich und mein Gegenüber", "Vertrauen in mich, meine Familie, mein Umfeld", "Mut", "Selbstbewusstsein", "Unabhängigkeit von lebensgeschichtlichen Mustern und Mythen", "Freiheit von Angst“.


Mit dieser Vielfalt sind wir alle zusammen über unseren beruflichen Alltag hinausgewachsen. Ein neues Feld ist entstanden. Über diesem Feld liegt ein frischer, warmer Wind, und ich möchte mein Projekt auch deshalb mit dem Wort eines Dichters beschließen, Rainer Maria Rilke (1903): "Leben Sie jetzt die Fragen. [Dann] leben Sie allmählich [...] in die Antwort hinein." 


Ihre

Violeta Mikić