Pausenbrief 11 | 2018
Vom Mut zur Wut
Machen Sie doch einfach das Beste daraus!
Liebe Leser,
viele
von Ihnen werden sich erinnern: Meinen letzten Pausenbrief habe ich dem Thema
MUT gewidmet. Dieses bescheiden kurze Wörtchen hat erstaunlich wenige Lettern
für eine so große menschliche Eigenschaft. Stellt man nun den Anfangsbuchstaben
von »Mut« einfach mal auf den Kopf, kommt wiederum eine sehr wuchtige Sache
heraus: WUT. Eine hochexplosive Emotion, die dieser Tage in den Medien
allgegenwärtig präsent scheint. Ob Trump, ob Gauland oder ganze Horden
»besorgter Bürger«: Sie alle sind immer wieder und in aller Öffentlichkeit
außerordentlich wütend. Ist das etwas Schlimmes? Und wenn einen selbst mal der
heilige Zorn packt: Wie geht man am besten damit um? Lesen Sie selbst. Und wie
immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause!
Der
Kolumnist Axel Hacke zitierte im Magazin der Süddeutschen Zeitung kürzlich ein
Buch mit dem wundersamen Titel »Wut ist ein Geschenk« aus der Feder von Arun
Gandhi, Enkel des berühmten Mahatma Gandhi. Letzterer war bekanntlich sehr
wütend auf die Briten, weil sie den indischen Subkontinent gnadenlos
ausbeuteten und seine Landsleute unterdrückten. Statt die verhassten
Kolonialherren anzugreifen, setzte Gandhi auf gewaltlosen Widerstand. Etwa,
indem er seine eigene Wolle spann und die Inder dazu ermunterte, dasselbe zu
tun – mit empfindlichen Auswirkungen auf die Dominanz der britischen
Textilindustrie. Oder auch mit dem legendären Salzmarsch, der am Ende zur
Abschaffung der Steuer auf das überteuerte Grundnahrungsmittel führte. Und
nachdem ich soeben von einer Südafrika-Reise zurückgekehrt bin, möchte ich hier
ein weiteres prominentes Beispiel hinzufügen: Nelson Mandela. Ein Mensch,
vielen ein Vorbild, der sich seine Wut auf die Apartheid zur Lebensaufgabe gemacht
und der dafür 1993 letztlich den Friedensnobelpreis bekommen hat.
Was
können wir von diesen historischen Größen lernen? Zum Beispiel, dass man seine Wut nicht in Hass, Geschrei und
Schimpfen äußern muss, sondern sie in konstruktive Energie verwandeln kann. So beharrlich, gelassen und zielstrebig wie Gandhi oder
Mandela. Auch wenn man nicht immer gleich die Weltpolitik aus den Angeln heben
muss. So etwas funktioniert auch in der Familie, unter Freunden oder im
beruflichen Alltag. Freilich gibt es dafür kein allgemeingültiges
Erfolgsrezept, sondern es sind höchst individuelle Strategien, wie ich sie
zuweilen beim Einzelcoaching entwickle. Die Erfahrung beim Umgang mit Wut zeigt
aber, dass es oft die immer gleichen Anlässe oder Verhaltensmuster sind, die
uns in Rage bringen. Für solche typischen Konstellationen können wir uns im
Vorfeld gut wappnen: Verhaltensweisen überlegen, Standardantworten
zurechtlegen. Wer auf ein
solches Repertoire zurückgreifen kann, gewinnt Zeit – und damit Abstand. Beides
ist nötig, um in einer emotional aufgeladenen Situation einen klaren Kopf für
eine angemessene Reaktion zu bewahren.
Generell
gilt es, die eigene Wut gründlich zu hinterfragen, um sie langfristig in den
Griff zu kriegen. Warum macht es mich zum Beispiel rasend, beim Reden
unterbrochen zu werden? Welche Gedanken stecken dahinter? Aus welchen
vergangenen Erfahrungen rührt meine (Über-)Reaktion? Was kann ich verändern?
Allein durch diese Analyse entsteht bereits mehr Gelassenheit. Und die führt
letztlich zu mehr Souveränität im Umgang mit der Wut. Was wiederum eine
zentrale Voraussetzung für ein konstruktives soziales Miteinander ist, wie es
etwa Führungskräfte tagtäglich leisten müssen. Um es abschließend mit den
Worten der einstigen indischen Premierministerin Indira Gandhi zu illustrieren:
»Mit geballter Faust kann man keinen Händedruck wechseln.«
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine friedliche und
entspannte Vorweihnachtszeit:
Ihre Violeta Mikić.
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