Violeta Mikić

Pausenbrief 01 | 2019

Trau, schau, wem!
Was ist besser: Kontrolle oder Vertrauen?

Liebe Leser,

auch wenn in 2019 schon ein paar Tage ins Land gegangen sind, ist es für gute Wünsche nie zu spät. Die kämen auch Theresa May zupass; hat doch das politische Jahr 2019 für die englische Premierministerin im Zuge der Brexit-Wirren wenig geschmeidig begonnen. Immerhin, das Misstrauensvotum im Parlament hat May überstanden. Dass das britische Volk hingegen wenig vertrauensvoll in die nahe Zukunft blickt, zeigen etwa die landesweiten Hamsterkäufe. Warum der Faktor Vertrauen für uns alle – im Privaten wie auch im Businessleben – so wichtig ist, das erfahren Sie hier. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause!

 

»Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser« soll angeblich Lenin einst gesagt haben. Dem widersprechen Historiker (das Zitat gilt als verfälscht) und Psychologen (von gegenseitiger Kontrollwut geprägte Beziehungen sind bekanntlich zum Scheitern verurteilt) gleichermaßen. Auch die neuseeländische Ethikerin Annette Baier plädiert für mehr Vertrauen; ihr zufolge manifestiert es sich als »akzeptierte Verwundbarkeit«. Es handele sich dabei um ein »gutes Risiko«, das es einzugehen lohnt. Sofern das Vertrauen nicht gebrochen wird, entstehe ein positiver Kreislauf, der konstruktives zwischenmenschliches Agieren erst ermöglicht.

 

Wie ist es um dieses Risiko bestellt? Nicht zuletzt spricht man vom Vertrauensvorschuss, eine Art sozialer Kredit also. Dass dies auch in ökonomischer Hinsicht extrem effizient sein kann, hat der britische Wirtschaftsphilosoph John Stuart Mill im Jahre 1891 anschaulich beschrieben. Er beobachtete, wie englische Kaufleute ihre Geschäfte gänzlich ohne den Austausch von Papieren abwickelten und stattdessen auf das Wort ihrer Handelspartner vertrauten. Diese Integrität sparte viel Zeit, Probleme und Ausgaben, etwa für Anwälte. Und sie funktionierte.

 

Das von Mill beschriebene Prinzip des Vertrauens lässt sich auch auf unser heutiges Leben übertragen. Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern mehr freie Hand lassen, ernten beachtliche Erfolge für ihr Unternehmen. Langjährige Ehen basieren vor allem auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und Respekts. Zwar riskieren vertrauensselige Menschen mehr Enttäuschung. Aber sie gelten Studien zufolge durchweg als sympathischer. Und generieren beim Gegenüber ebenfalls Vertrauen. Die Sache ist also im positiven Sinne ansteckend. Das gilt leider auch umgekehrt: Wenn uns jemand kühl und reserviert (also misstrauisch) begegnet, werden wir kaum freudestrahlend auf ihn zugehen. Wer anderen misstraut, wird häufiger enttäuscht und glaubt sich dadurch wiederum in seinem eigenen Misstrauen bestätigt. Fazit: Unsere Erwartungen beeinflussen unbewusst unser Verhalten, und andere Menschen reagieren darauf entsprechend. Wir haben es also selbst in der Hand.

 

Als Kind lernen wir, Vertrauen zu entwickeln, weil wir darauf angewiesen sind. Misstrauen entsteht erst durch schlechte Erfahrungen – etwa nicht eingelöste Versprechen wie »Morgen nehme ich mir Zeit für dich«. Als Erwachsene wird unser Umgang mit Vertrauen grundlegend von der Sicht bestimmt, wie wir die Welt wahrnehmen und gleicht einer Erwartungshaltung. Wem es gelingt, ein solides Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten (Selbstvertrauen) zu entwickeln, dem fällt es auch leichter, Vertrauen zu anderen Menschen (Fremdvertrauen) aufzubauen. Und wenn es privat oder beruflich dennoch mal im Getriebe knirscht, sollte man sich stets vergegenwärtigen: Nichts schafft, erhält und regeneriert Vertrauen so sehr, wie regelmäßig und offen miteinander zu reden. 


In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen vertrauensvoll ein gutes, gesundes und glückliches Jahr 2019:

 

Ihre Violeta Mikić.






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