Violeta Mikić

Pausenbrief 05 | 2017

Durch die Blume gesagt ...
Über das Spannungsfeld zwischen Floskeln und Klartext

Liebe Leser,

haben auch Sie zum Muttertag Blumen verschenkt? Jene aus den USA stammende Tradition beschert Floristen hierzulande alljährlich im Mai Hochkonjunktur. Insbesondere die Rose gilt als Symbol für Liebe und Zuneigung. Aber aufgepasst: Ihre Dornen können stechen. Wie es um die Kehrseite der Blumensprache bestellt ist, erfahren Sie hier. Und wie immer heißt es dabei: Genießen Sie Ihre Pause! 

 

»Sag es durch die Blume« – seit dem 16. Jahrhundert ist diese eigentlich nett anmutende Redensart im deutschen Sprachraum überliefert. Tatsächlich handelt es sich zumeist um verdeckte Kritik, wenn wir unserem Gegenüber etwas »durch die Blume« zu verstehen geben. Ich will Ihnen zwei typische Beispiele nennen: »Schmeckt interessant …«, bemerkt der Gast bei Tisch. »Vom Ansatz her super«, kommentiert der Chef die Projektplanung des Mitarbeiters. Hinter den geschmeidigen Aussagen steckt die traurige Realität: Dem einen mundet’s nicht, der andere hält nichts vom vorgeschlagenen Konzept. Die Angesprochenen dürfen sich den Inhalt derweil selbst zusammenreimen. Warum redet eigentlich keiner Klartext?  

 

Keine Frage: Es geht um Schadensbegrenzung, darum, die Gefühle des anderen zu schonen – die Blumensprache ist eine Frage der Höflichkeit. »Klartext« im Sinne persönlicher Beleidigungen, wie sie etwa bei manchen TV-Talkshows zu beobachten sind, hat allenfalls quotenträchtigen Unterhaltungswert für die Schaulustigen und ist in dieser Form unter zivilisierten Menschen zu Recht verpönt. 

 

Und doch wünschte ich mir mitunter deutlichere Worte, sei es in meiner Küche oder in der Vorstandsetage. Denn eine logisch begründete und moderat vorgetragene Kritik ist nun mal konstruktiver als jedwede rhetorische Beschwichtigungsformel. Mein Tipp für gelingende Kommunikation lautet daher: Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Aussage, meiden Sie gängige Floskeln, bleiben Sie ehrlich und vor allem: Geben Sie Ihrem Gegenüber eine Chance zur (Ver-) Besserung. Das Ganze gilt umgekehrt gleichermaßen. Wer Kritik »durch die Blume« erfährt, darf getrost nachhaken: Fehlt das Salz in der Suppe? Allein durch aufmerksame Offenheit lassen sich zwischenmenschliche Kommunikationsformen – wie auch jedwedes Businesskonzept oder das nächste Abendessen – optimieren.  

 

Zur Zwiespältigkeit blumiger Grüße bemerkt der Volksmund im sonnigen Italien keck: »Aus derselben Blüte zieht die Biene ihren Honig und die Wespe ihr Gift.« Und der deutsche Schlagersänger Udo Jürgens lieferte den herrlich ironischen Ohrwurm dazu: »Vielen Dank für die Blumen!« 

 

 

Es grüßt in diesem Sinne, ganz unverblümt:  

 

Ihre Violeta Mikić. 

 

 

 

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